16.03.2014 - 15.06.2014
Museum Goch
www.museum-goch.de
Installationsansicht Fotos: Achim Kukulies
Unabhängig von dem gegenwärtigen Stand der Diskussion über Malerei beschäftigt sich das Museum Goch in unregelmäßigen Abständen immer wieder mit Malerei als einer der substanziellen Disziplinen in der Kunst. Mit dem Düsseldorfer Künstler Max Schulze stellt das Museum eine weitere Position dieser klassischen Gattung zu Diskussion. In seiner ersten musealen Einzelausstellung präsentiert der junge Künstler Ergebnisse seiner Arbeit, in der er grundlegenden Fragen zur Bildfindung und Wahrnehmung nachgeht: Wie verhalten sich Abstraktion und Figuration zueinander? Welchen Einfluss haben Inszenierung und die Veränderung von räumlichen Attributen auf die Lesbarkeit von Malerei? Welche Prozesse liegen der künstlerischen Entscheidung zugrunde?
Mit diesen Fragen versucht Max Schulze das klassische Bildverständnis zu erweitern und erarbeitet sich eine eigene Position. Durch die Erweiterung des Blickfeldes über den Bildträger hinaus geht er sowohl in seinen Motiven als auch in den Räumen seiner Bildpräsentationen neue Wege. Mit Hilfe von Farbschichtungen und Überlagerungen, Durchbrüchen und Verletzungen der Oberflächen sowie der Inszenierung des Endproduktes »Mischtechnik auf Keilrahmen« dringt er immer weiter in neue Dimensionen der Malerei vor. In dieser Phase seiner Arbeit lädt das Museum Goch den Künstler ein, die Räume des Museums, die sich in einem 1991 umgebauten ehemaligen Amtsgericht befinden, zu bespielen. Genau an diesem Ort entwickelt Max Schulze unter dem Titel »Ministry of Planning« ein Ausstellungs- und Präsentationskonzept, das sich auf ein realexistierendes Ministerium bezieht, das er während einer Reise 2013 – 14 durch Kambodscha und Vietnam entdeckte. Die Aufgaben dieses universalen Ministeriums, das üblicherweise in Entwicklungs- oder Schwellenländern existiert, sind überaus komplex und je nach Land so unterschiedlich, dass eine übergreifende Definition kaum möglich scheint. Hauptaufgabenfelder sind oft Raum-, Entwicklungs-, Wirtschafts-, und Nachhaltigkeitsplanung, die nach Bedarf des jeweiligen Landes auch erweitert und abgeändert werden können. Genau solch ein Ministerium installiert der Künstler nun im Museum Goch am Niederrhein und nimmt so auf die ehemals staatliche Funktion des Gebäudes Bezug, um es mit neuen Aufgaben zu füllen.
Dabei fasziniert Max Schulze die scheinbare Unsinnigkeit einer Planung ohne genaues Ziel und er stellt dies in eine Relation zur eigenen Fragestellung innerhalb der Malerei. Den Museumsraum belässt er nicht als reinen Aufbewahrungsort seiner Bilder, sondern inszeniert ihn präzise, um ihn als Erweiterung der Lesbarkeit von Malerei zu aktivieren. Mit gelb markierten Säulen und dem Einbau von Gitterwänden greift Max Schulze formal in die Museumsräume ein. Die Bilder selbst werden durch die Platzierung innerhalb der Einbauten sowie durch die verwendete Farbigkeit Straßenoder Gefahrenschildern vergleichbar und werden benutzt, um den Raum oder die Besucher zu organisieren. Wie eine Warnung wirken diese Eingriffe und lassen den Besucher mit mehr Fragen als Antworten zurück. Die schwarze Folie, die den gesamten Boden der Ausstellungsräume bedeckt, macht den wohnlichen Holzboden des Museums unsichtbar und steigert auf diese Weise die artifizielle Atmosphäre der Inszenierung. Trotz aller Umbaumaßnahmen in den Ausstellungsräumen wird deutlich, dass es sich nicht um eine Installation im klassischen Sinne handelt. Vielmehr entsteht durch die architektonischen Eingriffe eine neue Plattform für die Inszenierung von Malerei.
Gleichzeitig setzt sich Schulze mit der Frage auseinander, wie Farbe zur Regulierung der Außenwelt genutzt werden kann. Er untersucht in seiner Arbeit, wie eben sie in der Gesellschaft als Zeichen verwendet wird und stellt dabei den Abstraktionsgehalt der Realität in den Mittelpunkt seiner Untersuchung. So finden sich abstrakte Währungssymbole wie Dollar oder Eurozeichen, die auf der ganzen Welt verstanden werden, in seinen Bildern wieder. Sind diese ein Kommentar auf aktuelle Fragen zur Finanzkrise? Weist der inszenierte Raum über eine Plattform für die Malerei hinaus und stellt insgeheim allgemeingültige gesellschaftliche Fragen zur aktuellen politischen Situation? Hilft eine Mietpreisregulierung, die Städte nicht in arm und reich zu teilen? Können wir uns durch mehr Planung mit Absperrungen vor Flüchtlingsströmen schützen? Ist die Planung, die im Ministerium erarbeitet wird, positiv oder negativ zu werten? Wann fängt eine Spur an, eine Figur zu werden und wann fängt das Bild an eine Geschichte zu erzählen? Und um welche Geschichte handelt es sich eigentlich? Hier, inmitten des inszenierten Raums, fordert uns der Künstler heraus, die losen Enden und Anknüpfungspunkte, welche er in diesem Ministerium vorgibt, zueinander in Beziehung zu setzen und mit eigenen Fragen zu verbinden.
Text: Dr. Stephan Mann & Steffen Fischer
Independent of the state of the contemporary discussion of painting, the Goch Museum returns to painting at irregular intervals as to one of art’s key disciplines. With the Düsseldorf-based artist Max Schulze, the museum places another exponent of this classical art form up for debate. In his first solo museum exhibition, this young artist presents the results of his work, which explores fundamental questions of image formation and perception: what is the relationship of abstraction and figuration? How do staging and the alteration of spatial attributes influence painting’s legibility? What decision-making processes inform artistic decisions? With questions like these, Max Schulze seeks to expand the classical understanding of painting and works toward a uniquely personal position. By expanding the gaze beyond the physical support, he forges new paths in his motifs as well as in the spaces where his images are presented. By layering paint and superimposing elements, by breaching and damaging his surfaces, and by staging the final product, »mixed techniques on canvas,« he delves ever deeper into new dimensions of painting.
In this phase of his work, the Goch Museum invited the artist to reutilize its spaces, which occupy a former district courthouse converted in 1991. Here, under the title Ministry of Planning, Max Schulze has developed an exhibition and presentation concept that refers to a really existing ministry which he encountered on a trip through Cambodia and Vietnam in 2013 – 14. The tasks of this type of universal ministry, which is usually found in developing or newly industrialized countries, are quite complex and vary so widely from country to country that a general definition is nearly impossible. Its chief tasks are often urban and regional, development, economic, and sustainability planning, a list that can be altered and expanded to suit the needs of the individual country. This is the kind of ministry, then, that the artist has installed at the Goch Museum on the banks of the Lower Rhine, in a reference to the building’s former public function, which he supplies with new tasks.
Max Schulze is fascinated by the apparent absurdity of a planning effort without any clear objective, and he relates this to his own exploration of painting. He doesn’t leave the space of the museum alone as a pure repository for his paintings, but stages it in carefully chosen ways in order to activate it as an expansion of painting’s legibility. With yellow columns and the installation of lattice walls, Max Schulze formally intervenes formally in the spaces of the museum. The paintings themselves, by being placed within the inserted elements as well as by dint of their palette, come to resemble danger- or street-signs and are used to organize the space and its visitors. These interventions function as a warning and leave the viewer with more questions than answers. The black plastic sheeting that covers the entire floor of the exhibition site makes the museum’s homey wooden floor invisible and thus heightens the artificial atmosphere of the staging. Yet despite all this transformation of the exhibition space, it is clear that this is not an installation in the classical sense. Rather, the architectural interventions create a new platform for the staging of painting.
At the same time, Schulze deals with the question of how color can be used to regulate the external world. He explores in his work how color is used as a symbol by society and takes reality’s element of abstraction as the focus of his investigation. Thus, abstract currency symbols like dollar or Euro signs, which are understood all over the world, appear in his paintings. Are they a commentary on topical questions raised by the financial crisis? Does the staged space point beyond its status as a platform for painting and secretly raise general social issues regarding the current political situation? Would rent control help to prevent the division of the cities into rich and poor? Would more planning enable us to defend ourselves against the incoming waves of refugees with barriers and blockades? Should the planning that goes on in this ministry be seen as something positive or negative? When does a trace become a figure, and when does a painting begin to tell a story? And what story is it exactly that is being told? Here, in the midst of this altered space, the artist challenges us to find links among the hints and loose ends which he presents in this ministry as well as to relate them to questions of our own.
Text: Dr. Stephan Mann & Steffen Fischer
16.03.2014 - 15.06.2014
Museum Goch
www.museum-goch.de
Installationsansicht Fotos: Achim Kukulies
Unabhängig von dem gegenwärtigen Stand der Diskussion über Malerei beschäftigt sich das Museum Goch in unregelmäßigen Abständen immer wieder mit Malerei als einer der substanziellen Disziplinen in der Kunst. Mit dem Düsseldorfer Künstler Max Schulze stellt das Museum eine weitere Position dieser klassischen Gattung zu Diskussion. In seiner ersten musealen Einzelausstellung präsentiert der junge Künstler Ergebnisse seiner Arbeit, in der er grundlegenden Fragen zur Bildfindung und Wahrnehmung nachgeht: Wie verhalten sich Abstraktion und Figuration zueinander? Welchen Einfluss haben Inszenierung und die Veränderung von räumlichen Attributen auf die Lesbarkeit von Malerei? Welche Prozesse liegen der künstlerischen Entscheidung zugrunde?
Mit diesen Fragen versucht Max Schulze das klassische Bildverständnis zu erweitern und erarbeitet sich eine eigene Position. Durch die Erweiterung des Blickfeldes über den Bildträger hinaus geht er sowohl in seinen Motiven als auch in den Räumen seiner Bildpräsentationen neue Wege. Mit Hilfe von Farbschichtungen und Überlagerungen, Durchbrüchen und Verletzungen der Oberflächen sowie der Inszenierung des Endproduktes »Mischtechnik auf Keilrahmen« dringt er immer weiter in neue Dimensionen der Malerei vor. In dieser Phase seiner Arbeit lädt das Museum Goch den Künstler ein, die Räume des Museums, die sich in einem 1991 umgebauten ehemaligen Amtsgericht befinden, zu bespielen. Genau an diesem Ort entwickelt Max Schulze unter dem Titel »Ministry of Planning« ein Ausstellungs- und Präsentationskonzept, das sich auf ein realexistierendes Ministerium bezieht, das er während einer Reise 2013 – 14 durch Kambodscha und Vietnam entdeckte. Die Aufgaben dieses universalen Ministeriums, das üblicherweise in Entwicklungs- oder Schwellenländern existiert, sind überaus komplex und je nach Land so unterschiedlich, dass eine übergreifende Definition kaum möglich scheint. Hauptaufgabenfelder sind oft Raum-, Entwicklungs-, Wirtschafts-, und Nachhaltigkeitsplanung, die nach Bedarf des jeweiligen Landes auch erweitert und abgeändert werden können. Genau solch ein Ministerium installiert der Künstler nun im Museum Goch am Niederrhein und nimmt so auf die ehemals staatliche Funktion des Gebäudes Bezug, um es mit neuen Aufgaben zu füllen.
Dabei fasziniert Max Schulze die scheinbare Unsinnigkeit einer Planung ohne genaues Ziel und er stellt dies in eine Relation zur eigenen Fragestellung innerhalb der Malerei. Den Museumsraum belässt er nicht als reinen Aufbewahrungsort seiner Bilder, sondern inszeniert ihn präzise, um ihn als Erweiterung der Lesbarkeit von Malerei zu aktivieren. Mit gelb markierten Säulen und dem Einbau von Gitterwänden greift Max Schulze formal in die Museumsräume ein. Die Bilder selbst werden durch die Platzierung innerhalb der Einbauten sowie durch die verwendete Farbigkeit Straßenoder Gefahrenschildern vergleichbar und werden benutzt, um den Raum oder die Besucher zu organisieren. Wie eine Warnung wirken diese Eingriffe und lassen den Besucher mit mehr Fragen als Antworten zurück. Die schwarze Folie, die den gesamten Boden der Ausstellungsräume bedeckt, macht den wohnlichen Holzboden des Museums unsichtbar und steigert auf diese Weise die artifizielle Atmosphäre der Inszenierung. Trotz aller Umbaumaßnahmen in den Ausstellungsräumen wird deutlich, dass es sich nicht um eine Installation im klassischen Sinne handelt. Vielmehr entsteht durch die architektonischen Eingriffe eine neue Plattform für die Inszenierung von Malerei.
Gleichzeitig setzt sich Schulze mit der Frage auseinander, wie Farbe zur Regulierung der Außenwelt genutzt werden kann. Er untersucht in seiner Arbeit, wie eben sie in der Gesellschaft als Zeichen verwendet wird und stellt dabei den Abstraktionsgehalt der Realität in den Mittelpunkt seiner Untersuchung. So finden sich abstrakte Währungssymbole wie Dollar oder Eurozeichen, die auf der ganzen Welt verstanden werden, in seinen Bildern wieder. Sind diese ein Kommentar auf aktuelle Fragen zur Finanzkrise? Weist der inszenierte Raum über eine Plattform für die Malerei hinaus und stellt insgeheim allgemeingültige gesellschaftliche Fragen zur aktuellen politischen Situation? Hilft eine Mietpreisregulierung, die Städte nicht in arm und reich zu teilen? Können wir uns durch mehr Planung mit Absperrungen vor Flüchtlingsströmen schützen? Ist die Planung, die im Ministerium erarbeitet wird, positiv oder negativ zu werten? Wann fängt eine Spur an, eine Figur zu werden und wann fängt das Bild an eine Geschichte zu erzählen? Und um welche Geschichte handelt es sich eigentlich? Hier, inmitten des inszenierten Raums, fordert uns der Künstler heraus, die losen Enden und Anknüpfungspunkte, welche er in diesem Ministerium vorgibt, zueinander in Beziehung zu setzen und mit eigenen Fragen zu verbinden.
Text: Dr. Stephan Mann & Steffen Fischer
Independent of the state of the contemporary discussion of painting, the Goch Museum returns to painting at irregular intervals as to one of art’s key disciplines. With the Düsseldorf-based artist Max Schulze, the museum places another exponent of this classical art form up for debate. In his first solo museum exhibition, this young artist presents the results of his work, which explores fundamental questions of image formation and perception: what is the relationship of abstraction and figuration? How do staging and the alteration of spatial attributes influence painting’s legibility? What decision-making processes inform artistic decisions? With questions like these, Max Schulze seeks to expand the classical understanding of painting and works toward a uniquely personal position. By expanding the gaze beyond the physical support, he forges new paths in his motifs as well as in the spaces where his images are presented. By layering paint and superimposing elements, by breaching and damaging his surfaces, and by staging the final product, »mixed techniques on canvas,« he delves ever deeper into new dimensions of painting.
In this phase of his work, the Goch Museum invited the artist to reutilize its spaces, which occupy a former district courthouse converted in 1991. Here, under the title Ministry of Planning, Max Schulze has developed an exhibition and presentation concept that refers to a really existing ministry which he encountered on a trip through Cambodia and Vietnam in 2013 – 14. The tasks of this type of universal ministry, which is usually found in developing or newly industrialized countries, are quite complex and vary so widely from country to country that a general definition is nearly impossible. Its chief tasks are often urban and regional, development, economic, and sustainability planning, a list that can be altered and expanded to suit the needs of the individual country. This is the kind of ministry, then, that the artist has installed at the Goch Museum on the banks of the Lower Rhine, in a reference to the building’s former public function, which he supplies with new tasks.
Max Schulze is fascinated by the apparent absurdity of a planning effort without any clear objective, and he relates this to his own exploration of painting. He doesn’t leave the space of the museum alone as a pure repository for his paintings, but stages it in carefully chosen ways in order to activate it as an expansion of painting’s legibility. With yellow columns and the installation of lattice walls, Max Schulze formally intervenes formally in the spaces of the museum. The paintings themselves, by being placed within the inserted elements as well as by dint of their palette, come to resemble danger- or street-signs and are used to organize the space and its visitors. These interventions function as a warning and leave the viewer with more questions than answers. The black plastic sheeting that covers the entire floor of the exhibition site makes the museum’s homey wooden floor invisible and thus heightens the artificial atmosphere of the staging. Yet despite all this transformation of the exhibition space, it is clear that this is not an installation in the classical sense. Rather, the architectural interventions create a new platform for the staging of painting.
At the same time, Schulze deals with the question of how color can be used to regulate the external world. He explores in his work how color is used as a symbol by society and takes reality’s element of abstraction as the focus of his investigation. Thus, abstract currency symbols like dollar or Euro signs, which are understood all over the world, appear in his paintings. Are they a commentary on topical questions raised by the financial crisis? Does the staged space point beyond its status as a platform for painting and secretly raise general social issues regarding the current political situation? Would rent control help to prevent the division of the cities into rich and poor? Would more planning enable us to defend ourselves against the incoming waves of refugees with barriers and blockades? Should the planning that goes on in this ministry be seen as something positive or negative? When does a trace become a figure, and when does a painting begin to tell a story? And what story is it exactly that is being told? Here, in the midst of this altered space, the artist challenges us to find links among the hints and loose ends which he presents in this ministry as well as to relate them to questions of our own.
Text: Dr. Stephan Mann & Steffen Fischer